BGE: Das Bedingungslose Grundeinkommen

Anfang der 1970er Jahre standen die USA vor der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens. Es wurde am Ende nicht eingeführt, weil es den einen nicht weit genug ging und weil die dafür durchgeführten Studien nicht ausgewertet wurden; aus Angst vor einem postivien Ergebnis auf der einen Seite, aus Angst vor einem negativen Ergebnis auf der anderen Seite.

Als die Corona-Pandemie 2020 Deutschland lahm legte, gab es eine perfekte Gelegenheit, ein zeitlich begrenztes BGE in ganz Deutschland auszuprobieren. Wohl aus Angst, dass es zu gut funktionieren würde, schreckte Hubertus Heil dann doch davor zurück. Legen doch viele Studien – in Deutschland ist der Verein Mein Grundeinkommen zur Zeit federführend – nahe, dass ein BGE nicht nur die grundsätzliche Daseinsfürsorge für alle Menschen ermöglicht, sondern durch die ständige Monetarisierung der Bevölkerung als Konjukturtreiber dient. Es ist dabei zu beachten, dass durch ein BGE nicht nur Geld aus dem Gesellschaftsvermögen hinausfließt, sondern durch Konsum und Investitionen (und daraus resultierende besteuerbare Wertschöpfung) dem Gesellschaftsvermögen wieder zufließt.

Ein Bedingungsloses Grundeinkommen ist bedingungslos, weil es alle erhalten, deren eigenes Einkommen nicht ausreicht. Wie lässt sich solch ein Einkommen in einem System von Nationalstaaten mit abgegrenzten Gesellschaften umsetzen?

Es gibt Bestrebungen, ein BGE auf EU-Ebene einzuführen. Da die nationale Umsetzungen wieder den nationalen Behörden unterliegt, schauen wir uns die Situation in Deutschland an.

Laut dem Sozialbudget 2019 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales lagen die gesamten Sozialausgaben Deutschlands – also de Bundes, der Länder und der Kommunen – bei 1.040 Mrd. Euro. Machen wir eine Milchmännerrechnung auf: 1 Billion Euro ÷ 83 Millionen Einwohner·innen ÷ 12 Monate = 1.004 Euro pro Monat pro Person in Deutschland, vom Baby bis zur Renterin, inklusive Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete. Es ist eine Milchrechnung, weil natürlich Leistungen wie z.B. Rente, Arbeitslosengeld, Bürgergeld und BAföG wegfallen und die Verwaltungskosten nicht mit berechnet werden. Es braucht hier also eine Übergangszeit.

Wie lässt sich das nun in Deutschland umsetzen?

Mit einer negativen Einkommensteuer: Anstatt einer Einkommenssteuer die bei 0 Euro anfängt, wird eine negative Einkommensteuer eingeführt, deren Untergrenze bei bspw. -1.004 Euro pro Monat bzw. -12.048 Euro fürs Jahr liegt. Am stark vereinfachten Beispiel:

  • Im Moment ergeben 25.813 Euro Jahreseinkommen (Mindestlohn bei 40h pro Woche) 1.702 Euro Einkommensteuer, also ein Nettoeinkommen von 24.111 Euro.
  • Mit einer negativen Einkommensteuer erhälst du zu deinem Gehalt noch 12.048 Euro1.702 Euro = 10.346 Euro BGE, also insgesamt 36.159 Euro.
  • Diese Berechnung ist deswegen stark vereinfacht, weil weitere Faktoren wie Versicherung, Freibeträge usw. nicht beachtet werden. Hinzu kommt, dass der jetzige Steuersatz bei einer negativen Einkommensteuer nicht sinnvoll ist und neu ausgearbeitet und vereinfacht wird.
  • Bereits Wolfgang Schäuble warf das Konzept der negativen Einkommensteuer in den Raum und hielt dieses für umsetzbar.

Durch die Verküpfung mit der Einkommensteuer kommen alle Menschen, die in Deutschland direkt wirtschaftlich aktiv sind, in den Genuss des BGE. Das heißt, alle die direkt und langfristig zum Gemeinschaftstopf beitragen erhalten diese Absicherung. Die Verwaltung läge bei den Finanzämtern.

Für Neugeborene böte sich die Einführung eines „Bürger·innen-Kontos“ bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau an, dessen Verwaltung bis zum 12. Lebensjahr durch die Eltern erfolgt, bis zum 18. Lebensjahr durch Eltern und Kind.

Ein weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass Rente, BAföG und andere Sozialleistungen automatisch gegengerechnet werden können, wenn sie nicht sowieso sofort ersetzt werden.

Der größte Kritikpunkte am BGE in die angebliche Unfinazierbarkeit, was diese Studie des DIW im Auftrag von Mein Grundeinkommen widerlegt.

Ein weiterer Kritikpunkt an der negativen Einkommensteuer ist der hohe Verwaltungsaufwand. Führt man sich jedoch vor Augen, dass mit dem System der Finanzämter und deren Digitalisierung die Verwaltungsstruktur faktisch schon geschaffen ist, verliert dieses Argument an Gewicht, zumal die derzeitige Verwaltung des Sozialbudgets bis zu 30 % der Gesamtkosten darstellt. Hinzu kommt, dass mit einer (partiellen) Kopplung an ein „Bürger·innen-Konto“ bei der KfW das Geld sogar weiterhin dem Staat für die Förderung gemeinschaftlicher Aufgaben zur Verfügung stünde.

Als letzte Horrorvorstellung wird vor allem durch konservative und rechte Kreise die „Einwanderung in die Sozialsysteme“ beschworen. Dazu sei gesagt, dass das Sozialsystem kein Topf mit Deckel ist. Im Gegenteil: Je mehr Menschen darin wirtschaften, umso mehr erhöht sich das verfügbare Bruttoinlandsprodukt. Wir sollten also bestrebt sein, möglichst vielen Menschen eine Teilnahme an der Wirtschaft zu ermöglichen – es hilft uns allen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert