Wenn billiger Populismus nur ablenkt
Ich bin für konstruktive Politik. Es liegt viel im Argen und all das können wir konstruktiv angehen. Es hilft jedoch nicht wenn rechte Spinner ständig Scheindebatten führen, die für keinen Missstand verantwortlich sind.
Uralt ist das Märchen der „Faulen Fremden“, die uns unseren schönen Wohlstand streitig machen. Hier wird mit Arbeitsplatz-Gerangel und vollen Booten metaphorisiert. Nicht davon ist wahr. Die deutsche Gesellschaft ist ein der reichsten, es ist genug für alle da und für noch viel mehr Menschen – es ist nur ungleich verteilt. Und da hilft es überhaupt nicht, wenn die wenigen Gelder, die für Asyl und Fluchthilfe aufgewendet werden, gestrichen werden. Diese landen nicht bei den armen Deutschen, sondern sind einfach nur weggespart. Wollen wir die Ungleichheit bekämpfen, geht das nur durch eine Umverteilung von Reich nach Arm. Jede Debatte über Fluchtgrenzen und Asylabschaffung sind nicht nur menschenfeindlich, sie lösen einfach keines der bestehenden Probleme.
Geht es um strukturelle Ungleichheit, sind die Lösungsansätze Inklusion und die Bewusstwerdung für diese. Ansätze, dies über Sprache sichtbar zu machen, sind gut und funktionieren. Allerdings hat noch nie irgendjemand über die Pflicht zum Gendern geredet. Allerdings ist es in rechten Parteien usos, genau diese sprachliche Inklusion zu verbieten. Da werden Wochen für Gesetze und Verordnungen aufgewendet, um öffentliche Angestellte (und am liebsten alle anderen auch) von sprachlicher Inklusion fernzuhalten – also zu einem exklusivem Sprachduktus zu zwingen. Das erinnert stark an das Neusprech-Diktionat aus der Dystopie 1984. Und es bringt überhaupt nichts. Es lenkt nur von tatsächlichen Problemen ab, führt zu Scheindebatten und erreicht das Gegenteil von dem, was behauptet wird: Anstatt den Menschen ihre freiheitliche Ausdrucksweise zu ermöglichen, schreibt es vor, wie zu sprechen ist. Gendern heißt sprachliche Vielfalt. Gendern verbieten heißt Sprachpolizei.
Und während die einen Angst vorm Gendern haben, fürchten andere um die Frühsexualisierung von Kindern. Wie kontradiktorisch: Anstatt Kinder einfach Kinder sein zu lassen, werden diese sexualisiert. Ihnen wird unterstellt, sie begriffen die Welt in konservativen Kategorien wie hetero-, homo- und transsexuell. Völlig absurd. Je mehr Vielfalt Kinder erfahren, umso mehr steigen sie genau aus diesem Denken aus. Ganz davon abgesehen, dass Lebensmodelle keine Sexualisierung sind. Ob nun Paarfamilien, Patchwork oder Alleinerziehende, ob nun binäre Geschlechterrollen oder bunte Menschen – das alles hat weniger mit Sex zu tun als mehr damit, wie vielfältig eine Gesellschaft lebt.
Steigt nicht auf diese Debatten ein. Sie kosten Zeit und Kraft und lösen keine Probleme. Ganz im Gegenteil erschaffen sie künstlich Probleme, indem sie andere Menschen einschränken und bevormunden – genau das, wass wir für uns persönlich nicht wünschen.
Du willst nicht gendern: Kein Problem, musst du nicht. Sprich wie du willst. Und lass anderen die gleiche Freiheit.
Du kannst dir nur die Kleinfamilie mit Vater-Mutter-Kind vorstellen. Kein Problem, du darfst nach deinen Vorstellungen leben. Und lass anderen die gleiche Freiheit.
Du möchtest gern deine Bedürfnisse erfüllt haben. Kein Problem, das darfst du. Und lass anderen die gleiche Freiheit.
Lasst uns zurückkehren zu konstruktiver Politik. Es gibt genug, worüber es sich aufzuregen gilt. Dafür müssen wir keine Probleme erfinden.
